Von der Kritischen Theorie zu "Post-Truth"?

Seit ihrer Beschreibung durch Horkheimer/Adorno gilt die Kritische Theorie als notwendig, um weit verbreitete Annahmen und Überzeugungen zu hinterfragen. Während die traditionelle Theorie die vorherrschende Ordnung der Welt so akzeptiert, wie sie ist, untersucht die Kritische Theorie ihre historischen Ursprünge sowie den Prozess ihrer Veränderung. Nicht zuletzt weist die Kritische Theorie darauf hin, dass eine alternative Welt möglich ist. Doch während die Kritische Theorie Narrative wie das "dunkle Mittelalter" und die "erleuchtete Aufklärung" entlarvte, hat sich mittlerweile ein Diskurs etabliert, der vom "kritischen Nachdenken" über "alternative Fakten" direkt zu vielen "eigenen Wahrheiten" führt, die in sozialen Medien wie nicht zuletzt Donald Trumps "Truth Social" verbreitet werden. In diesem Tutorium wollen wir zunächst nachvollziehen, wie der Grundgedanke des ständigen Hinterfragens in Diskurse des autoritären Populismus sowie Verschwörungstheorien instrumentalisiert und verzerrt wird. Daraufhin wollen wir uns verschiedene Ansätze des Diskutierens mit und Argumentierens gegen alternative Fakten und eigenen Wahrheiten ansehen und abschließend eigene Strategien entwickeln. Beispiele für „eigene Wahrheiten“ stammen aus populistischen Diskursen in der Politik, Verschwörungstheorien und auch von Influencer:innen.

Der Kurs wird sich in drei Blocksitzung gliedern, die online abgehalten werden. In der ersten Sitzung gibt es zunächst eine Einführung in die Grundzüge der Kritischen Theorie, bevor wir ihre Instrumentalisierung und Verzerrung im autoritären Populismus und in Verschwörungstheorien anhand verschiedener Beispiele diskutieren. In der zweiten Sitzung besprechen wir dann verschiedene Ansätze des Diskutierens mit Verschwörungstheoretiker:innen und Argumentierens gegen alternative Fakten und eigene Wahrheiten. Die dritte Sitzung gestalten wir gemeinsam: Teilnehmer:innen des Tutoriums können anhand eines selbstgewählten Beispiels Verzerrungen der Kritischen Theorie in populistischen oder verschwörungstheoretischen Diskursen darstellen und erfolgreiche oder gescheiterte Versuche, diesen zu begegnen, vorstellen. Es ist ebenso möglich, eigene Strategien zum Diskutieren mit Populist:innen oder Verschwörungstheoretiker:innen zu entwickeln und vorzustellen.